3.1 Giftfreie Antifoulings – Praxistests des SVMV

Umweltschutz und Raumordnung Information SVMV
Dezember 2000

In der Saison 2000 wurden giftfreie Antifouolings im Bereich des SVMV von drei Herstellern sowohl in Plattentests als auch an Schiffen der praktischen Erprobung unterzogen.

3.1.1 Generelle Erkenntnisse am Ende der Saison 2000

1. Die gemachten Erfahrungen am Ende der Saison waren unterschiedlich, sowohl was die verschiedenen Produkte als auch deren Bewährung an verschiedenen Orten anbelangt. – Einzelheiten s.u.

2. Z.T. in der Werbung propagierte Wirkungen einzelner Produkte haben sich in M-V als fragwürdig bzw. nicht in dem dargestellten Ausmaß haltbar erwiesen. Es ist deutlich geworden, dass Testergebnisse aus fernen Revieren nicht ohne weiteres auf M-V übertragbar sind. Der SVMV fordert deshalb von Herstellern, die Tauglichkeit ihrer Produkte gründlicher und vor Ort praktisch nachvollziehbar nachzuweisen. Dazu sind vermehrt Testschiffe in den Gewässern von M-V nötig. Neue Mittel müssen bezahlbar und wirksam sein. Unsichere Produkte auf Kosten von Bootseignern zu „testen“ schadet dem „giftfreien“ Anliegen.

3. Bei Testplatten muss berücksichtigt werden, dass ihre Befunde nicht unter den „normalen Betriebsbedingungen“ eines Bootes zustande kommen. Es fehlt die abspülende Wirkung des anströmenden Wassers bei einem in Fahrt befindlichen Boot. Der durch das anströmende Wasser bewirkte mechanische Reinigungseffekt ist eine wichtige Wirkungskomponente der giftfreien Antifoulings, die im Wesentlichen auf glatte Oberflächen und damit Erschwernis für das Festsetzen von Bewuchs setzen. Damit ist auch klar, dass Versuchsergebnisse an schnell fahrenden Schiffen (z.B. Zoll, Polizei u.a.) wegen der zu „normalen“ Sportbooten deutlich unterschiedlichen Betriebsbedingungen für Segler wenig aussagekräftig sind.

4. Es hat sich in mehreren Fällen gezeigt, dass geminderte Wirkungen von Produkten auch auf Mängel in den bisher vorliegenden Verarbeitungshinweisen oder auf fehlerhafte Behandlung zurückgeführt werden können. Entsprechende Erkenntnisse wurden an die Hersteller weitergegeben. Für die nächste Saison kann davon ausgegangen werden, dass verbesserte Verarbeitungshinweise auch zu besseren Ergebnissen beitragen.

Andererseits ist auch deutlich geworden, dass Verarbeitungs- und Behandlungshinweise der Hersteller von den Bootseignern strikt eingehalten werden müssen. Überstreichintervalle dürfen nicht verlängert/verkürzt, vorgegebene Schichtdicken nicht durch „sparsamen“ Materialverbrauch unterschritten werden. Wenn für die Unterwasserfläche eines Rumpfes drei Dosen Antifouling als Bedarf errechnet wurden, müssen diese drei Dosen auch aufgetragen werden. Entscheidend ist also nicht nur die Anzahl der Anstriche, sondern auch der vollständige Auftrag des Materials bis zur erforderlichen Schichtdicke. Bei einzelnen Produkten erfordert dies z.B. auch mindestens einen weiteren zusätzlichen Anstrich in der Wasserpasslinie.

3.1.2 Erfahrungen mit giftfreien Antifoulings im Einzelnen

Die bisher im Bereich SVMV eingesetzten giftfreien Antifoulings verhindern nicht, dass sich am Rumpf ein dünner glatter Bioschleim ansetzt, der aber mit einem weichen Lappen leicht abwischbar ist. Aussagen über Fahrtbeeinträchtigungen durch diesen Bioschleim können nicht gemacht werden, für den „Normalbetrieb“ von Fahrtenseglern dürfte er völlig unerheblich sein. Für die Produktbeurteilung sollte deshalb nicht der Bioschleim, sondern die Vermeidung von Pocken, Muscheln und Algenbewuchs entscheidend sein.

3.1.2.1 „LeFant“

Wirksam eine Saison, d.h. jährlich neuer Anstrich; Kosten im Rahmen bisheriger Produkte. An der Küste waren Testplatten mit „LeFant SPF“ –auf den Bildern hellblau und mit „LeFant H2000“ – auf den Bildern grau, eingesetzt. In Schwerin waren Platten mit „LeFant TF“.

Pocken oder Muscheln wurden an den Testplatten nirgends festgestellt. Der Bewuchs mit Mikroorganismen war unterschiedlich, aber überall völlig weich und leicht abwischbar. An einer Platte in Zinnowitz war an einer Ecke über den Plattenrand von der unbehandelten Rückseite her ein stärkerer bartartiger Bewuchs – siehe Bilder.

Schiffe

In Greifswald war die Segelyacht Zir Wäs mit „LeFAnt SPF“ in Fahrt. Der Eigner ist mit dem guten Ergebnis zufrieden – siehe Bilder – und wird sein Schiff auch in der nächsten Saison wieder mit „LeFant“ beschichten. In Warnemünde war die Segelyacht Kobold mit „LeFant H2000“ in Fahrt. Auch hier ist der Eigner mit dem Ergebnis zufrieden – siehe Bilder – und wird ebenfalls in der nächsten Saison weiter mit „LeFant“ fahren. In Wismar war der Motorsegler Wiesel mit „LeFant SPF“ beschichtet in Fahrt. Nach Beobachtungen des Eigners hatte Wiesel erst in den letzten 4-5 Wochen vor dem Slippen im Oktober im hinteren Bereich einzelne Pocken und Fadenalgenbewuchs. Der Eigner ist sich nicht sicher, ob ein Verarbeitungsfehler dazu geführt haben könnte. Insgesamt ist er mit dem Ergebnis zufrieden und wird auch im kommenden Jahr wieder mit „LeFant“- Antifouling fahren.

Einen völligen Ausfall gab es in Rostock-Gehlsdorf. Dort waren zwei Jugendkutter mit „LeFant TF“ beschichtet worden, die wegen sehr starken Pockenbefalls während der Saison mehrfach aus dem Wasser genommen werden mussten. Als Erklärung für dieses von den anderen deutlich abweichende Ergebnis käme in Betracht, dass „LeFant TF“ vom Hersteller für „Süß- und Brackwasser“ vorgesehen ist. Obwohl die Warnow in Gehlsdorf als Brackwasser angesehen werden kann, wäre wohl eine Beschichtung mit „LeFant SPF“ oder „LeFant H2000“ besser gewesen, zumal in dem Sportboothafen durch einen Düker in der Nähe der Nährstoffeintrag und damit der Bewuchsdruck stark ist. 2001 soll mit „LeFant SPF“ ein neuer Versuch gemacht werden.

3.1.2.2 „BIOX“

Das giftfreie Antifouling „BIOX“ soll nach Herstellerangaben mehrere Jahre wirksam sein und halten. Damit wären nach leichter Säuberung mit weichem Lappen im Herbst Wiederholungsanstriche im Frühjahr für mehrere Jahre überflüssig. Die mehrjährige Wirkung ist unverzichtbar, weil sich sonst der gegenüber herkömmlichen Produkten ca. dreifache Preis nicht rechnet.

Nach den guten Ergebnissen im vorigen Jahr (siehe UmRaIn Nr. 2) kam es bei den Praxistests in diesem Jahr darauf an, wie sich die Beschichtung auf der Baltic in Greifswald in der zweiten Saison bewähren würde. Leider war das Ergebnis 2000 völlig unbefriedigend. Die Baltic musste im Sommer aus dem Wasser genommen werden, weil Pockenbewuchs zu deutlicher Fahrtverminderung führte. Damit war die Bewährung im zweiten Anwendungsjahr verfehlt. Beim Slippen im Herbst wurde wieder sehr starker Pockenbefall festgestellt, die ganze Beschichtung muss gründlich erneuert werden. Als Ursachen für diesen Misserfolg kommen Behandlungsfehler bei der Säuberung im vergangenen Herbst und/oder Verarbeitungsfehler wg. Mängeln in den Verarbeitungshinweisen (z.B. zu geringe Schichtstärke) in Betracht. Hersteller und Vertreiber bemühen sich um genaue Klärung der Ursachen.

Eine zweite Segelyacht in Greifswald, die Granö, im Frühjahr 2000 mit „BIOX“ beschichtet, hat sich mit gutem Ergebnis – siehe Bilder – zufriedenstellend bewährt (das war bei der Baltic im ersten Jahr auch der Fall). Die wichtigen Bewährungen in den folgenden Jahren bleiben abzuwarten.

In Neuhof/Stralsund wurde in diesem Jahr eine weitere Segelyacht, die Triton mit „BIOX“ beschichtet. An der Triton wurde im August ein Bewuchs mit Bartalgen entfernt, der einen ca. 30 cm breiten Streifen von der Wasserlinie abwärts eingenommen hatte. Der Bewuchs ließ sich leicht abwischen. Ende Oktober hatte sich dieser Bewuchs wieder erneuert.

Zu den bereits 1999 ausgehängten Testplatten (auf den Bildern mit grüner Beschichtung) wurden in diesem Jahr, teilweise zusätzlich, weitere Platten (auf den Bildern kleinere rechteckige Platten mit blauer Beschichtung) eingesetzt. Die Ergebnisse waren unterschiedlich. In Greifswald, Warnemünde und Wismar waren leichter Pockenbefall festzustellen. Diese Pocken ließen sich aber alle leicht abwischen. An den anderen Platten waren die Befunde ähnlich positiv wie 1999 (vgl. UmRaIn Nr. 2), siehe Bilder. Eine Platte in Neuhof (ohne Bild) hatte im Gegensatz zu der Triton nur den Bioschleimfilm.

Die bisherigen Praxistests mit „BIOX“ unterstreichen deutlich die Notwendigkeit, praktische Anschauung/Bewährung durch Tests in unseren Gewässern in M-V zu schaffen, denn von einer größeren Anzahl mit „BIOX“ beschichteter Schiffe in anderen Revieren liegen dem Vertreiber bisher keine negativen Befunde vor.

3.1.2.3 „Jobeck“

Für eine Saison, d.h. jährlich neuer Anstrich; Kosten im Rahmen bisheriger Produkte. Mit „Jobeck“ waren im Frühjahr 2000 in Wismar fünf Segelyachten beschichtet worden. Leider waren die Ergebnisse völlig unbefriedigend. Im Sommer mussten alle Schiffe aus dem Wasser genommen werden, um den starken Bewuchs von Pocken und Algen zu entfernen. Die Fa. Becker leistete kostenlosen Ersatz mit einem in der Zusammensetzung etwas veränderten Produkt. Allerdings waren nur noch zwei Eigner bereit, den Versuch mit „Jobeck“ fortzusetzen. Die Ergebnisse im Herbst waren bei diesen Schiffen wegen dichten Bewuchses, auch mit Pocken, wieder völlig unbefriedigend. In Waren war das Segelboot Galaxy mit „Jobeck“ beschichtet. Im hinteren Teil des Rumpfes war ca. ¼ m² mit Schnecken bewachsen, wie auch der Vorderbereich des Kiels, die übrigen Flächen waren sauber. Eine Testplatte in Greifswald zeigte neben dem als normal anzusehenden Bioschleim einen Streubesatz mit festsitzenden Pocken. Die in der „Seglerzeitung“ Nr. 11/2000, Seite 127 getroffenen Aussagen „Jobeck-Antifouling nach 2000er Saison bestätigt“ sind aus den in M-V gemachten Erfahrungen nicht zutreffend.

Die in 2000 in M-V gemachten Erfahrungen lassen sich so zusammenfassen:

Trotz einzelner Rückschläge und Enttäuschungen zeigt sich, dass „giftfrei“ möglich ist und funktionieren kann. Durch technische Verbesserungen der Hersteller, durch verbesserte Verarbeitungsanleitungen, aber auch weiterhin durch die Bereitschaft von Bootseignern, mit ihren Schiffen auf „giftfrei“ umzusteigen, sollte die Entwicklung weiter voran gebracht werden.

Zum Nachdenken: Auf die Frage, ob er mit seinem „LeFant“-Antifouling zufrieden gewesen wäre und ob er es im kommenden Jahr wieder verwenden würde, antwortete der Skipper der Wiesel: „Die Verwendung von giftfreiem Antifouling ist auch eine moralische Frage. Ich bin jetzt Großvater und ich möchte meinen Enkeln eine einigermaßen heile Natur überlassen. Ich bin mit „LeFant“ zufrieden. Ich nehme auch im nächsten Jahr wieder giftfreies Antifouling.“